Montag, Oktober 18, 2004

My private Oktoberfest

Oktoberfestwochenende
Bereits die ganze letzte Woche war ja hier das Oktoberfest, von dem ich in den vergangenen Wochen nach und nach abnehmende Superlative gehört habe. Zuerst war es das größte Oktoberfest ausserhalb Deutschlands, dann das größte ausserhalb Bayerns (?) und irgendwann dann nur noch das größte ausserhalb Münchens (?) .. naja, so ähnlich jedenfalls. Aber auf jeden Fall ist es DAS große Fest hier in Kitchener/Waterloo und steht in punkto "tourist trap" und Kommerzkacke dem Münchner Oktoberfest vermutlich in nichts nach. Außer, dass man hier füer die meisten Veranstaltungen Karten kaufen muss. Veranstaltung heißt dann eigentlich nur Unmengen von teurem Bier in Bierzelten zu Humpa-Humpa-Musik wegtrinken... ich persönlich glaube ja fest, dass der eigentliche Grund für die Musik nicht etwa Fröhlichkeit oder Gemütlichkeit ist, sondern, dass die Musik nur dazu dient, sich schneller aus dem "Ich kann das nicht ertragen"-Zustand in den "Mir doch egal, ich ertrag alles"-Zustand zu trinken. Und die Karten für die besseren Veranstaltungen in den klassisch deutschen Clubs wie dem Schwabenklub (den ich im Zuge der Hochzeit von Pete und Tamara schon kennengelernt habe) oder dem Concordiaclub (den ich auch schon mal besucht habe... dunkles deutsches/bayrisches Holzmöbiliar, deutsche Küche, Volksmusik und eine Menge alternder Tanzpaare samt einer mit ca. 60 Jahren noch weit unter dem Altersdurchschnitt des Publikums liegendenh DJane) sind dann meist schon Wochen vorher ausverkauft.
Ok, wenn ich schon so abwertend von dem Oktoberfest schreibe, dann ist auch klar: Ich war kein einziges Mal da.
Stattdessen war das Wochenende eher ruhig, verregnet und bis zum Essen am Sonntag abend auch entspannt.
Freitag abend hat Daniel (der serbische Mitbewohner, mit dem ich eigentlich derzeit recht viel unternehme) erfahren, dass sein Onkel gestorben ist. Blöd. Er ist dann natürlich erstmal zu seinen Eltern gefahren. Phil (der kanadische Mitbewohner) war auch nicht da, so dass ich das gemütliche Häuschen für mich allein hatte. Am Samstag abend (nach einem weiteren Tag Regen) bin ich dann zu Pete rübergegangen. Dort gabs ne reine Männerrunde. Pete, Chad, Nate und ich und: Nascarrennen. Nascarrennen ist für nicht Eingeweihte (wie mich) vermutlich so spannend, wie einem Hamster bei seinen Runden im Hamsterrad zuzuschauen. Ca. 300 Runden lang (in etwa 500 Meilen) fahren um die 40 Autos in einem Oval umher. Mit Tempo 300. Und nem Abstand von bisweilen unter einem Meter. Demzufolge passieren auch dauernd kleinere Unfälle, die dann ein "caution" verursachen. Caution heißt dann für alle Fahrer Überholverbot und langsam hinter einem Pacemaker-Auto hinterher fahren. Erstaunlich ist allemal, dass fast nie ein Fahrer verletzt wird und dass die Autos fast immer während des Rennens repariert werden, damit sie noch irgendwie über die Ziellinie kommen. Das Rennen zu beenden ist im Gegensatz zur Formel 1, wo schon ein 10. Platz nix mehr bringt, beim Nascar also alles, weil eben allein das finishing schon Punkte in der Gesamtwertung bringt.
Nette Sache also,... aber ich mag ja auch Hamster...

Am Sonntag dann wieder Regen. Regen, Regen, Regen. Bis zum Abendessen.
Und da hab ich mir gedacht "Wenn ich schon nicht zum Oktoberfest gegangen bin, dann mache ich mir eben mein eigenes":



Lecker. Und ein Klassiker: Bratwürste mit Senf und Sauerkraut und Kartoffeln (nicht im Bild).

Und was soll ich sagen: So schön sah's dann aus:



Herrlich. Wie eines dieser Photos vom Mittags-Menüs ( im Preis mit inbegriffen!!) aus einem dieser Kaffeefahrten-Prospekte für eine Tagesfahrt nach Karlbad, bei der jeder (!) Gast einen Farbfernseher und 20 kg gemischte Würste bekommt (Ehepaare bekommen meistens noch ein 20-teiliges Service dazu).

Doch was erspähen da die hungrigen Augen?
Böse Risse in der Wurst!

Sehen wir uns das mal genauer an:



Die genaue Analyse bestätigt: Fleischwunden! Der Fachmann spricht von Risswurst!
Angst! Kann nicht essen!
Was ist geschehen?
Der kurze Blick auf die Zubereitungshinweise der Packung enthüllt die traurige Wahrheit über das hiesige Verständnis von Bratwürsten:



Kochwurst! Wo gibt's denn sowas? Würste in ein Pfannen-Wasserbad geben und eine halbe Stunde lang dünsten bzw. köcheln?
Ich bin entsetzt und erst jetzt bemerke ich den krassen Gegensatz zwischen meiner Zubereitung und dem Serviervorschlag der Verpackung: Dort räkelt sich die gekochte Wurst dekadent auf ihrem Sauerkrautbett im unschuldig-weissen (und gleichsam leb- wie ballaststofflosen) Brötchen, während meine vermeintlichen Bratwürste, geschunden und zerschlissen ihre Fettwunden an den trockenen Kartoffelstückchen reiben.

Was also tun? Die im Innern noch rosa-farbenen und somit vormaliges Leben vortäuschenden Würste werden hektisch in Stücke geschnitten, nochmals von allen Seiten kurz angebraten und anschließend gnadenlos in Senf ertränkt.
20 Minuten später ist der Teller leer und ich fühle mich wie der Wolf im Märchen: Steine im Bauch.
Dieses Gefühl läßt bis dato (Montag morgen) nicht substantiell nach und ich frage mich, ob es an der Fleischbeilage (von Würsten mag ich kaum mehr reden), dem guten deutschen Sauerkraut oder gar dem Senf gelegen haben mag?
Zumindest ein Punkt spricht für den Senf: Dieser ist nämlich ganz explizit kein Markenprodukt, sondern lediglich ein offizielles No-Name-Produkt:



Aber wenigstens sollte ich gemäß dem Sprichwort "Leerer Bauch studiert nicht gern!" den Umkehrschluß "Voller Bauch schon!" beherzigen und am heutigen Montag morgen so richtig in Arbeitswut ausbrechen.
Mahlzeit!


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